Dr. Ilse Neumann wurde am 19. Mai 1925 in Steyr geboren und maturierte hier 1943 an der Staatsoberrealschule, wo ihr Vater 1938-1945 schulischer Leiter war. 1946-1952 studierte sie an der Universität Graz Germanistik und Geschichte und schloss ihr Studium 1950 mit der Dissertation „Steyr und die Glaubenskämpfe 1520-1630“ ab. Da sie keine Anstellung fand, ging sie als Erzieherin nach England.
Im Steyrer Stadtarchiv arbeitete sie Dokumente zur frühen Neuzeit auf, woraus 1950–1959 acht Publikationen entstanden. Ab 1954-1960 unterrichtete sie hauptsächlich an der „Frauenberufsschule“, dann gehörte sie dem Lehrkörper des BRG an.
Generationen von Schülerinnen verdanken Dr. Neumann ihr Wissen in Geschichte und Germanistik. Mit Empathie, Einfühlungsvermögen und sehr viel Verständnis begleitete sie die ihr anvertrauten Kinder und Jugendlichen durch wichtige Lebensjahre. In einer Zeit, als Kindsein und Jugendaktivitäten an einem Gymnasium noch nicht opportun schienen, zeigte sie Verständnis für jede Altersstufe. Mit ihrem umfassenden Wissen, ihrer humanistischen Aufgeschlossenheit für alles Neue und durch ihre rege Reisetätigkeit in ferne Kontinente ließ sie ihre Schülerinnen an ihren Erfahrungen teilhaben.
Dr. Neumann war jahrzehntelang Präsidentin der österreichisch-italienischen Kulturgesellschaft „Società Dante Alighieri“ in Steyr. Ebenso engagierte sie sich in der italienische Kriegsgräber-Fürsorge und pflegte Kontakt zu den Familien der 56 in Steyr umgekommenen italienischen Militärinternierten des Lagers 758 GW.
1973 übernahm sie eine neue umfassende Aufgabe. Am 1.September wurde Dr. Neumann mit der Gründung und pädagogischen Leitung der Expositur Steyr der vierjährigen „Bundesbildungsanstalt für Kindergärtnerinnen Linz“ betraut. Damit war der Grundstein für die vierte Berufsbildende Höhere Schule in Steyr war gelegt, die sich in der Folge zu einer wichtigen Bildungseinrichtung mit pädagogischer und musisch-kreativer Ausbildung entwickelte und sich regen Zulaufs von Schülern/innen erfreute. 1978 wurde sie zu deren erster Direktorin ernannt. In dieser Funktion zeigten sich ihre fachliche Kompetenz und Führungsqualitäten, die sie mit Elan und dem ihr eigenen Humor umsetzte.
In den ersten zehn Jahren war die Schule in den Stahlbaracken in der Industriestraße am Tabor untergebracht. 1980 begann für Dr. Neumann die Zeit des Schulneubaus in der Neue-Welt-Gasse am Gelände der ehemaligen Städtischen Handelsschule. Zwischen Juni 1982 und Sommer 1983 wurde die von Architekt DI Reitter geplante Schule fertiggestellt. Die Kosten von 44,7 Mio. Schilling teilten sich Bund und Stadt. Aufgrund der 7.Novelle zum SOG begann 1985 der erste Jahrgang der fünfjährigen ba!kip mit Matura. Damit war Steyr auch auf dem Sektor der Berufsbildenden Höheren Schulen zur Schulstadt der Region geworden.
Im selben Jahr ging Dr. Neumann in Pension. Aufgrund eines späteren chronischen Lungenleidens musste sie in ihren letzten Lebensjahren etwas leiser treten. Im Februar 2020 erschien noch eine Neuauflage des 1.Teils ihrer Dissertation. Am 21.Mai 2020 verstarb Dr. Ilse Neumann.