Kontaktperson
Stadtplatz 27
Steyr, Oberösterreich
AT 4400
Stadtarchiv Steyr
Mit dem Bau des Rathauses als Sitz der bürgerlichen Verwaltung 1422 ist erstmals ein Stadtschreiber, der die Geschäfte des Magistrates besorgte und die Akten und Privilegien verwahrte, urkundlich nachweisbar. Dieser verwahrte in Ermangelung eines eigenen Archivraums die meisten Akten in seiner eigenen Wohnung und nur die Privilegien und wichtigsten Dokumente dürften im Rathaus an einem sicheren Ort verwahrt worden sein. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts scheint ein eigener Registrator auf, der spätere Stiftsarchivar von Garsten, P. Seraphin Kirchmaier. 1638 wurde der Registrator erstmals mit der Anlegung eines Aktenregisters und Universalindexes beauftragt, was jedoch nicht zustande gekommen sein scheint. 1651 wurde im Rathaus ein eigener Registraturraum für die erledigten Akten erbaut, die zum Jahresende vom Stadtschreiber in die Registratur übergeben wurden.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die wichtigsten Urkunden des Archivs nach Eisenerz gebracht: 1704 beim Einfall der französisch-bayrischen Truppen sowie 1741 im österreichischen Erbfolgekrieg. Mit dem Baubeginn des neuen Rathauses im Jahr 1765 wurde im ersten Stock des neuen Rokoko-Gebäudes ein großer, feuerfester Raum für das Archiv und die Registratur eingerichtet und ab 1780 begann der „Wanderarchivar“ Johann Adam Trauner damit, die durch die zahlreichen Transferierungen gestörte Ordnung wieder herzustellen. Bis 1784 schuf er Repertorien zu den Kästen B (Kriminalakten), C (Akten der Innerberger Hauptgewerkschaft) und H (Akten über das Kirchen-, Stiftungs- und Armenwesen).
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu größeren Aktenverlusten, allein während der Franzosenkriege musste das Archiv dreimal nach Bratislava verlagert werden. Einlaufende Akten wurden bis 1822 gar nicht registriert (dies wurde nachgeholt), die Ordnung des Archivs wurde aufgeschoben. Zwischen 1850 und 1854 kam es zu weiteren Verlusten.
Ab 1860 kam es durch den Schriftsteller Johann Hausleitner zu einer Neuordnung des Archivs. Ab 1864 verzeichnete der Magistratskanzelist Franz Karl den Kasten A. Bis 1894 kümmerte sich die Gemeinde gar nicht mehr um das Archiv, dann erstellte Landesgerichtsrat i. P. Edmund Schmiedel einen Bericht über den Zustand des Archivs und wurde mit seiner Neuordnung beauftragt.
Der Gemeinderat und Realschulprofessor Dr. Alfred Hackl erstellte von 1904 bis 1907 ein Namens- und Sachregister zu den Ratsprotokollen von 1569 bis 1874.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts geriet das Archiv wieder in Unordnung und wurde unbenutzbar, als während des Ersten Weltkriegs auch Gegenstände aus den Gemeindekanzleien sowie museale Artefakte (Fahnen, kleine Kanonen, Waffen, Rüstungen, Bilder etc.) im Archiv gelagert wurden. Zwischen 1920 und 1922 entrümpelte und ordnete Landes-Kanzleioberverwalter Johann Weber, ein Steyrer, das Archiv. Innerhalb von zwei Jahren konnte Weber die alten Repertorien ergänzen sowie die Reinschrift des neuen Verzeichnisses und ein Sachregister zu allen Repertorien anlegen – noch heute werden diese Findbehelfe benutzt.
Über das Archiv in der Zwischenkriegszeit ist nichts bekannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde es dank Amtsrat Koller zeitgerecht evakuiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierten sich insbesondere Dipl.-Ing. Berndt (1885–1968), Amtsrat Koller und Dr. Ofner (1903–1973) im Stadtarchiv. Ofner legte Aktenverzeichnisse zu verschiedenen Beständen an. 1979 wurde das Archiv beim Umbau des Rathauses in moderne Räumlichkeiten in einem Nebengebäude umgesiedelt. Bis zur Jahrtausendwende kümmerte sich Kulturamtsleiter Dr. Volker Lutz um das Archiv, das jedoch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war.
Erst 2001 wurde das Archiv von Kulturamtsleiter Dr. Raimund Ločičnik der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und von ihm persönlich mitbetreut. Nach vierjähriger Personalunion Kulturamtsleiter/Archivar, legte sich Ločičnik ab 2004 auf das Stadtarchiv fest. In seiner Amtszeit wurde die umfangreiche Foto-, Dia- und Ansichtskartensammlung aufgebaut, sämtliche Archivalien wurden von einer Restauratorin professionell gereinigt und erstmals erfolgte die sachgerechte Verpackung von Archivgut in säurefreien Materialien.
Im August 2020 trat Raimund Ločičnik in den Ruhestand und übergab die Agenden des Stadtarchivs an seine Nachfolgerin Doris Hörmann.
Steyr liegt am Zusammenfluss von Enns und Steyr, ca. 25 Kilometer südlich an der Mündung der Enns in die Donau bei Enns bzw. Mauthausen. Die Stadt ist mit rund 37.952 Einwohner:innen (Stand: 2020) die drittgrößte Stadt im Bundesland Oberösterreich und grenzt an das Bundesland Niederösterreich. Steyr ist Sitz der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land.
Über Jahrhunderte hinweg war Steyr das Zentrum des Eisenwesens nördlich des Erzberges (Steiermark) und wurde aufgrund des regen Eisenhandels und der vielen eisenverarbeitenden Gewerbe daher auch als „Eisenstadt“ bezeichnet. Die Herrschaft Steyr mit der Styraburg bzw. dem Schloss Lamberg in ihrem Zentrum war um 1750 die größte Grundherrschaft im Lande ob der Enns. Bis heute ist die wirtschaftliche Struktur stark geprägt von industrieller Arbeit. Die Automobilindustrie lockt Pendler aus dem Großraum Linz-Land, Kirchdorf und Steyr-Land (OÖ) sowie aus dem Bezirk Amstetten (NÖ) an, was Steyr zu einem wirtschaftlichen Zentrum macht.
Das Stadtarchiv Steyr archiviert vor allem Verwaltungsschriftgut aus dem Magistrat Steyr und sammelt Unterlagen, die die Stadt und ihre Bevölkerung betreffen. Zu einem kleinen Teil ist hier aber auch Archivgut zu den nahe gelegenen Nachbargemeinden Ober- und Niederösterreichs (Dietach, Wolfern, Sierning, Garsten, St. Ulrich, Behamberg, Haidershofen), zum Bezirk Steyr-Land und den historisch-wirtschaftlich eng mit Steyr verknüpften Gemeinden der oberösterreichischen Eisenwurzen zu finden.
Oberösterreichisches Archivgesetz (2003), in der Fassung vom 8.8.2021, insbesondere Abschnitt 5, § 15 Kommunales Archivgut und Kommunalarchive
Archiv- und Benutzungsordnung für das Stadtarchiv Steyr (12.5.2022)
Das Stadtarchiv Steyr ist gemeinsam mit dem Stadtmuseum eine Dienststelle der Kulturabteilung des Magistrats Steyr, womit es dem/der Geschäftsbereichsleiter:in für Kultur, Schule & Sport untersteht.
Das Schriftgut der Stadt Steyr wird vom Akten- und Postmanagement (Abteilung IT und Informationsservices) der Stadt Steyr verwaltet.
Das Archiv befindet sich im dritten Obergeschoß des Hauses Ennskai Nr. 28 (Hinterhaus zu Stadtplatz Nr. 25), das zum Gebäudekomplex des Rathauses gehört. Die Archivbestände wurden 1979 anlässlich von Renovierungsarbeiten im Rathaus aus dem Barocksaal im ersten Obergeschoß hierher übersiedelt. Das Archiv umfasst ein Hauptdepot und einen Leseraum für vier Personen. Weiters gehören zum Archiv eine Studienbibliothek im Haus Zwischenbrücken Nr. 1 und ein Außendepot in den Stadtbetrieben in der Ennser Straße Nr. 10 (KBS-Archiv).
Als Kommunalarchiv verwahrt das Stadtarchiv Steyr das historische Archivgut (ab 1287) sowie die älteren Akten der Stadt Steyr (bis 1850). Nur einzelne Aktenfaszikel aus der Zeit nach 1850 konnten bisher von der Registratur ans Archiv übergeben werden. Die Sammlungen umfassen Nachlässe, Bildmaterial und audiovisuelle Quellen sowie regionale Tages- und Wochenzeitungen. Die Fachbibliothek im Archiv umfasst alle wesentlichen Schriften zur Geschichte Steyrs sowie Hilfsliteratur zur historischen Forschung. Die Studienbibliothek Zwischenbrücken ist auf historische Literatur aus den gesamten oberösterreichischen Eisenwurzen spezialisiert, enthält aber auch Literatur zu angrenzenden Bundesländern und Österreich insgesamt.
Die sieben Bestandsgruppen des Archivs im Überblick:
Das jüngste systematische Findbuch stammt aus dem Jahr 1923 und wurde von Johann Weber, Landesarchiv-Oberverwalter aus Linz, zwischen 1920 und 1923 angelegt. Es handelt sich um ein Meta-Repertorium, das auf fünf weitere Findbücher aus dem 18. Jahrhundert (s.g. Trauner-Repertorien) verweist. Zum Teil sind diese Findbehelfe bereits im SAIS eingearbeitet, zum Teil müssen sie erst digitalisiert werden.
Dienstag 13–17 Uhr
sowie nach Terminvereinbarung
Die Benutzung des Archivs ist kostenlos und kann zu den Öffnungszeiten ohne Voranmeldung besucht werden. Bei umfangreicheren Forschungsanliegen wird eine telefonische oder schriftliche Voranmeldung empfohlen.
Es wird auf das OÖ Archivgesetz (2003), Abschnitt 2, § 6 Benutzung hingewiesen.
Das Stadtarchiv ist nur fünf Gehminuten vom Bahnhof Steyr entfernt. Beim Archiveingang gibt es einen Fahrradständer, Parkmöglichkeiten für Autos gibt es in der Stadtplatzgarage in der Dukartstraße sowie am Ennskai. Ein Personenaufzug ist vorhanden.
Der Lesesaal umfasst vier Arbeitsplätze und einen PC-Arbeitsplatz mit Buchscanner. Ein Kopiergerät zum Gebrauch durch die Benutzer:innen ist vorhanden.
Die Archivleitung steht für Auskünfte über Umfang und Art des Archivguts zur Verfügung und wird die Recherche je nach den vorhandenen freien Ressourcen unterstützen. Darüber hinausgehende Dienstleistungen (z.B. hochwertige Reproduktionen) werden gemäß der jeweils geltenden Tarifordnung in Rechnung gestellt.
Anfertigen von Fotografien (ohne Blitz) zu Arbeitszwecken gestattet, einfache Scans und Kopien je nach konservatorischem Zustand möglich, hochwertige Scans von Fotos und Glasplatten durch das Archivpersonal.
Ein Buchscanner sowie ein ScanTent (Benutzung über das eigene Smartphone) stehen zur kostenlosen Verwendung zur Verfügung.
keine
AT-40201-AR-ISDIAH
AT-40201-AR
ISDIAH
Final
Vollständig
Manfred Brandl, Neue Geschichte von Steyr. Vom Biedermeier bis heute, Steyr 1980, S. 242.
Franz Huter, Das Archiv der Stadt Steyr, in: Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr (1949), S. 54–56.
Raimund Ločičnik, Stadtarchiv Steyr im Aufwind, in: ÖGZ 9 (2011), S. 30.
Johann Weber, Das Archiv der Stadt Steyr, in: Erwin Stein, Hg., Die Städte Deutschösterreichs. Band II: Steyr und Bad Hall, Berlin-Friedenau 1928, S. 160–163.
Johann Weber, Vorwort zum Repertorium Bd. 1, Stadtarchiv Steyr.
Erstellt von Doris Hörmann im August 2021; aktualisiert im Oktober 2021; finalisiert im Juni 2022